SCHöNE MOMENTE

Der neueste Film der Grande Dame der tschechoslowakischen „Neuen Welle“, die mit SEDMIKRÁSKY / TAUSENDSCHÖNCHEN (1966) berühmt wurde, präsentiert ein Kaleidoskop der Dilemmata unserer modernen Existenz: Die Psychologin Hanna führt eine gutgehende Praxis in Prag – genauer gesagt, kann sie sich kaum retten vor Patienten. Fast könnte man meinen, die ganze Stadt sei therapiebedürftig. Während Frauen und Männer aller Altersstufen auf Hannas Couch von ihren großen und kleinen Problemen berichten, bekommt man als Zuschauer einen direkten Einblick in ihre alltägliche Lebenswelt. Da ist eine junge Frau und Mutter, die von ihrem Partner aus nichtigen Anlässen brutal geschlagen wird; dann gibt es ein altes Ehepaar, das weder miteinander noch ohneeinander leben kann und sich einen subtilen Kleinkrieg liefert; oder aber eine wohlhabende Kunsthistorikerin, die sich Sorgen um ihren erwachsenen Sohn macht, weil er sich sozial engagiert, statt eine karriereträchtige Ausbildung anzufangen. Als wären das nicht genügend Neurosen und Skurrilitäten, muss Hanna sich der Demütigungen ihrer dominanten Mutter erwehren und die Eifersüchteleien ihres frustrierten Ehemanns ertragen. Nicht ganz zu Unrecht, denn tatsächlich kann sich die attraktive Frau über einen Mangel an Verehrern kaum beklagen: Sei es ein wildfremder Mann, der ihr auf einem Parkplatz Blumen schenkt, oder der Sohn einer Patientin, der ihr nachstellt. Ganz zu schweigen von dem alternden Charmeur Dub, bei dem nicht sicher ist, ob er einem Filmstar nur zum Verwechseln ähnlich sieht, oder ob er es tatsächlich ist – jedenfalls ist er von Hanna geradezu besessen. Die Frage ist nur, ob Hanna in diesem Strudel aus tragischen, komischen und absurden Einzelschicksalen nicht selbst irgendwann den Verstand verliert... Deutschlandpremiere.